[vc_row][vc_column][vc_column_text]Sylvette Burckhardt (1960–2005) – Ganz im Moment sein. Wer träumt verliert das Zeitgefühl und flüchtet in eine Welt, in der alles anders zu sein scheint. Ähnlich mag es den Besucher*innen des legendären Zürcher Technoclubs Spider Galaxy ergangen sein. In der stickigen und von lauten Bässen durchdrungenen Partylocation trafen sich Ende der 1990er-Jahre etliche Liebhaber*innen der elektronischen Musik, um dem stumpfen Alltag im Rausch zu entfliehen. Unter ihnen war auch die Künstlerin Sylvette Burckhardt, die von 1997 bis 2005 über 4000 kleinformatige Zeichnungen aus der Subkultur erschaffen hat. Nacht für Nacht setzte Burckhardt der Leere des Blattes ihren ganz eigenen Linienreichtum entgegen. Inspiriert von dumpfen Technoklängen, den Bewegungen der Tanzenden im Halbdunkel, ihren inneren Bildern und von Drogen, ist ein «Gesamtkunstwerk» entstanden. Erstmals und zum einzigen Mal wurde es im Jahr 2006 in Manfred Betscharts Galerie Nordstrasse 152 unter selbigem Titel ausgestellt. Betschart hat auch den Kontakt zum Helmhaus vermittelt  und so erst die Ausstellung der Bilder von Sylvette ermöglicht.

Gezielt wurden für die Ausstellung «Träume werden wahr» diejenigen Zeichnungen ausgewählt, in denen die Flüchtigkeit träumerischer Momente zu einer verdichteten Bildrealität gerinnt. In den 896 Zeichnungen in Postkartengrösse mischen sich bunte Markierungen von Filzstiften. Sie werden von einem verworrenen Netz aus Kugelschreiberstrichen überlagert und gestützt. Vergeblich sucht das Auge nach einem Anfang für die dynamischen Linien – in Burckhardts Clubzeichnungen gibt es weder Vorne oder Hinten, noch lässt sich mit Gewissheit eine Blickrichtung oder klare Motivik ausfindig machen.

 

Unterstützt wird diese Überfülle in den einzelnen Arbeiten durch die Hängung im ersten Raum des Helmhaus. Der haltlosen Ekstase setzte die Künstlerin eine Form, einen Raum und die rhythmische Wiederholung von Farben und Schraffierungen entgegen. Der vermeintlichen Aussichtslosigkeit eines Entzugs von Pflicht und Konvention, begegnete Burckhardt mit einem obsessiven, fast manischen, Willen zur Aufzeichnung eines Dazwischen. Zwischen Traum und Wirklichkeit spannte die Künstlerin ein komplexes Netz einer selbst konstruierten Wahrheit. Im selben Jahr, in dem die Spider Galaxy ihre Tore für immer schliessen musste, setzte der Tod Burckhardts ihren Club-Arbeiten ein jähes Ende. Geblieben sind dank ihrer unablässigen künstlerischen Tätigkeit nicht bloss schummrige Erinnerungen: Die Zeichnungen werden zu Zeugen eines zeitlosen Daseins in dem sich alles irgendwie ähnelt und doch nichts gleichbleibt. (bea)[/vc_column_text][/vc_column][/vc_row]